1948, drei Jahre nach dem 2. Weltkrieg. Laubach ist ein ländliches Städtchen in Hessen mit etwa 2000 Einwohnern, am Fuß des Vogelsbergs gelegen, unweit von Gießen, einer Stadt, die zu großen
Teilen zerstört ist.
Von den Bomben hatte Laubach nichts mitbekommen, nur die, die nach dem Bombardement am 6. Dezember 1944 nach Gießen zum Aufräumen gerufen wurden, wussten, wie das war. In das Laubacher Schloss
war eine Abteilung des Lazaretts aus Gießen ausgelagert worden; es sollte bald geschlossen werden. In diesem Lazarett wurde auch Günther Raphael behandelt, ein Halbjude und evangelischer
Kirchenmusiker, der es nur durch viel Einsatz von Freunden und mit viel Glück geschafft hatte zu überleben. Er lebte für ein paar Jahre mit seiner Frau und seinen Töchtern in Laubach. Später
sollten einige seiner Werke von der Kantorei gesungen werden.
In dieses Laubach kam 1948 auf einen Ruf der "Evangelische Kirche in Hessen und Nassau" (EKHN) hin aus Wittenberg der Kantor und Organist (u.a. in Königsberg und an der Moritzkirche in Halle,
dann in Wittenberg) Adolf Wieber mit seiner Familie. Er sollte an der laubacher Schule Musik unterrichten, war befreundet mit dem laubacher Grafen Georg Friedrich zu Solms-Laubach.
Wieber wurde in Garbeheim (heute zu Wetzlar) geboren, sein Vater war Pafarrer dort. Er kannte Laubach, er war hier zur Schule gegangen, hatte hier in der Stadtkirche Orgel gespielt. Aus dieser Zeit stammte wohl auch die Freunschaft mit dem Grafen.
Adolf Wieber hatte einen Traum und Auftrag: im Westen einen Chor in der Tradition des Dresdener Kreuzchores oder der Leipziger Thomaner zu gründen. Als dann Ende 1948 das Lazarett im Laubacher Schloss geschlossen wurde, konnte dieser Traum Wirklichkeit werden, denn der Graf stellte die Räume des Lazaretts für das Wohnheim (= Alumnat) eines solchen Chores zur Verfügung.